Die Liminalität des Wartens

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Max Dollinger (Markus) | Foto: Honkphoto

Aus was wartet man? Was wird von einem erwartet und was erwartet man von anderen. Kann man nicht warten?

Selly Meier (Inszenierung und Choreografie) und Wolfgang Skill (Musikalische Leitung) haben eine musikalisch-literarische Kammerrevue mit Unerhörtem von Georg Kreisler zum Leben erwacht und 3 Menschentypen ihre Perspektive des Wartens darzustellen.

Zum einen gibt es Tim, den Loser: Hoodie, T-Shirt vom Hard Rock Café, Brille und Sneakers. Seit Jahren wartet er auf seine Abi-Liebe, die im Ausland lebt und bald wieder nach Deutschland kommt. Er hat sogar eine gemeinsame Wohnung gemietet: der erste Schritt zum gemeinsamen Zusammenleben. Er wundert sich nicht, dass sie ihn nicht anruft „vielleicht hat sie ja meine Nummer verloren“. Dieses Warten hat ein bitteres Ende, denn Lotte ist verheiratet und nimmt das Ganze nur als Scherz auf. Nun versteht Tim dass sein Leben eigentlich ganz gut war, er aber viel Zeit verbracht hat auf etwas zu warten dass es nur in seiner Fantasie gab. Aber der Wohnungsmietvertrage ist ja schon unterschrieben, also beschließt er ein Zimmer in der WG zu vermieten.

Markus ist der erfolgreiche Typ: schicker Anzug, Lederschuhe, stylish eben. Seine Liminalität ist auch auf einer persönlichen Ebene: Zum  einen seine (ex)Frau die  nun eine Beziehung mit einem angestellten aus der Buchhaltung hat,  zum anderen die Freunden und Kollegen die ihn im Regen stehen lassen.

Fredi ist der Aktivist mit Eco- Friendly Kleidung. Er wartet auf die große gesellschaftliche Veränderung, würde gerne der Politik vertrauen, aber findet sich nicht zurecht… sein Warten auf Gerechtigkeit und Zusammenhalt kann in der aktuellen Realität keine Basis findet. Im Stück schließt sich der Kreis da er Tims Anzeige findet und so sein Warten hoffnungsvoll erfolgreich wird.

Am Ende, nachdem er sich der verschiedenen Identitäten entledigt hat, bleibt nur Max als Max da und möchte, bevor er geht, wissen was die Publikumsgäste so denken.

Es ist quasi eine One-Man-Show: Max Dollinger interpretiert nicht nur die drei Charaktere so einfühlsam, sondern glänzt auch in der musikalischen Darbietung von Kreislers Liedern. Es ist ein kontinuierlicher Austausch mit dem Gewissen der Charaktere, dem Publikum und der musikalischen Leitung (Wolfgang Skill), der quasi als Realitätsanker wird.

Die Interaktion im Warten ist wichtig und das Publikum wird dezent gebeten Teil des Geschehens zu werden, Am Eingang darf man sich eine Nummer ziehen… und schon dort beginnt das Warten, danach bemerkt man dass der Sitznachbar Max Dollinger ist, der schon nervig war weil er zu spät kam. Die Interkation geht auch in der Pause weiter als das die Hausmeisterin sich einfach ins Publikum setzt, nachdem sie kontrolliert hat ob alles sauber ist. Und am Ende kehrt er wieder auf seinen Publikumsplatz zurück mit einem „Und was sagst du?“.

Eine gelungene Mischung aus gesellschaftlicher und sozialer Kritik ohne Schwermut, die aber zum Denken anregt.

 

Nächste Vorstellungen: 12 & 17.3. 2023

Infos und Tickets => Hier

 

Elisa Cutullè

 

Foto: (c) Honkphoto

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