Romeo und Julia sind tot

2Romeo und Julia

 

So wird der Zuschauer begrüßt wenn er den Theatersaal betritt: In weisen Buchstaben prangert der Satz, im Bühnenbild von Flurin Borg Madsen, auf einem schwarzen Vorhang.  So mancher Zuschauer fragt sich, hier und da, was das wohl für eine Inszenierung wird und ob die Handlung durcheinandergewirbelt wird. Die Bühne ist leer, essentiell. Ein massiver Holztisch, zwei schwarze Stühle und ein Ständer, mehr ist nicht da.  Nur seitlich zwei Neonlampen die zu Buchstaben geformt wurden: M für Montague auf der linken Seite und C für Capulet auf der rechten-

Sobald der letzte Gong erklungen ist, begeben sind zwei maskierte Männer auf die Bühne, still und doch imposant. Und auch der erste Darsteller der Tragödie, der Franziskanermönch Lorenz (Georg Mittelstieler) nimmt seine Platz ein und beichtet dass, all was passiert ist, doch, irgendwie, seine Schuld sei. Die Worte sind nicht klar verständlich weil einerseits, eine Erzählerstimmer parallel alles auf English erzählt und die maskierten Männer, die sich al Musiker entpuppen, anfangen laut mit den Füssen zu stampfen.

Die Musiker (Rynkowskys, Dinkelacker & Plötzlich) sind immer auf der Bühne auf irrsinnig großen Konstruktionen präsent. Im Hintergrund aber doch immer sichtbar und hörbar.

Schon jetzt spürt man was Daniel Pflugers Inszenierung verfolgt: die Gefühle sind ein Wirrwarr menschlicher Emotionen, die man versucht im Zaum zu halten und es doch nicht schafft, da diese Autonom und unberechenbar sind: Liebe und Hass, Ehrgeiz und Gier, Freundschaft und Neid.  Obwohl der Mensch versucht in eine Richtung zu gehen, wird er /sie von den Gefühlen getrieben und nicht umgekehrt.

Wie zu den damaligen Zeiten, sind auch hier einige Rollen doppelbesetzt: Andreas Anke ist einerseits Fürst Escalaus, der die  Anwesenden immer daran erinnert  nicht in Rache zu leben und der Etwas dusselige Diener, der, irgendwie, nichts auf die Reihe gibt. Weniger markant die Figur des Montagues, der, fast, ein Statist erscheint aber, glücklicherweise hat Marcel Bausch auch die Rolle des Apothekers, bei dem Romeo das Gift kauft, die, trotz der Kürze ausschlaggebend ist.

Was passiert, aber, wenn der Mensch versucht sich einzumischen? Einerseits sind da die Eltern von Julia Capulet (Christian Higer) und Lady Capulet (Yvgenia Korolov) die gar nicht an Eltern erinnern. Der Vater erinnert an einen Möchtegernmacho, vom Geld des Anwärters Graf Paris (Ben Gaigeik) geblendet, während Lady Capulet sofort das Bild einer Domina-Diva (kühl, distanziert und sozial unbeholfen) hergibt. Mit ihrer Tocher Julia (Vanessa Czapla) können (oder wollen) sie nichts anfangen: die Erziehung der Kleinen, bleibt der Amme (Christiane Motter) überlassen… aber auch diese scheint, zuweilen, lieber in Erinnerungen zu schwelgen als wirklich mütterliche Gefühle zu entdecken.  Nur mit ihrem Selbstmord beweist die die tiefe Aufopferung für Julia.

Julia ist ein Kind, knappe 14, die nicht viel vom Leben Weiß. Janine Wertmann bauscht den kindlichen Effekt nicht nur mit der Kleidung auf (ein leichtes Sommerkleid, keine Pompösität) sondern auch mit der ewigen Linusdecke die die Julia dauernd hinter sich herzieht. Es ist Julias Sicherheit, ihre Geborgenheit, die ihr die Flauschigkeit der Decke verleiht. Nur wenn Julia vom Kind zur Frau wird, und das erste Mal mit Romeo schläft (und die beiden Schauspieler komplett nackt auf den Bühne steht), wird die Decke zum Bett und geleitet Julia in das Erwachsenwerden.

Romeo (Robert Prinzler) und seine Freunde Mercutio (Roman Konieczny) und Benvolio (Malte Homfeldt) erschienen wie eine Truppe guter Freunde die gerne und oft, besonders durch Mercutio angestiftet, viel Radau machen und gerne ihren Spaß haben. Liebschaften, Kämpfe, Streiche.. die drei sind für alles zu haben und sind einfach gute Freunde. So denken sie nicht zweimal darüber nach auch die Party der Capulets zu sprengen weil ja Romeo seine Rosalie sehen will. Keiner von den 3 ahnt wohin dass alles bringen wird und dass es bald zum Tod von zwei von Ihnen kommen wird. Mercutio muss durch einen Unfall sterben und nur weil Romeo versucht ihn vor dem Jähzornigen Tybalt (Cino Djavid) zu retten.

Obwohl sich so mancher Zuschauer nicht so r mit der Inszenierung wiederfindet („zu modern“ ist hier und da zu hören), ist Pflugers doch eine sehr gelungene Aufführung.

Die Geschichte wird zeitlos: sie bleibt der Originalfassung treu und bringt trotzdem interessante, witzige und geniale, moderne, Pointen ein:  Zum einen die maskierten Sänger die hier und da herzzerreißende Sonette von sich geben (Christiane Motter, Cino Djavid und Roman Konieczny beweisen ihre musikalischen Qualitäten), zum anderen die Wortspiele die hier und da eingebracht sind; die Kampfszenen (Choreographie: Klaus Figge) die  zum Tennis, Billard oder Golf werden, oder Details in den Kostümen, wie die Masken die zum Ball getragen werden. Der Zuschauer wird in eine zeitlose Reise geführt und in eine Welt der Gefühle katapultiert.

Man geht mit gemischten Gefühlen: Die beiden sind zwar tot, aber die Gefühle leben weiter.

 

 

Elisa Cutullè

 

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