Wem ist das nicht passiert? Man sieht ein Theaterstück oder einen Film, liest ein Buch oder eine Geschichte und, plötzlich, verspürt man die Lust ein anderes Ende zu haben, den Charakteren eine weitere Chance zu gewähren.
Ephraim Kishom, der israelische Humorist der leider 2005 gestorben, ist, stellte sich vor wie es wohl Romeo und Julia ergangen wäre, wenn die beiden geheiratet hätten. So präsentiert er die 2 in Verona, 1623, nach guten 29 Jahren Ehe und einer 14-jährigen Tochter.
Vom tollen Romeo und der reichen Julia ist nicht viel geblieben: er gibt Ballettunterricht und sie beklagt sich, weil die Familie nicht in der Lage ist sich ein Dienstmädchen zu leisten.
Vom einstigen tollen Liebespaar ist nur ein verbitterter Schatten übriggeblieben: das Haus ist marode, die Möbel spärlich, das Essen monoton.
Das Bühnenbild ist essentiell, und mischt, so wie es im Stück auch passiert, alte Objekte wie die Bettpfanne, mit einem etwas moderneren Multifunktionsmöbel. Doch das stört die Zuschauer im Theater in Viertel nicht, denn auf der Bühne herrscht ein heftiges Treiben. Und das nicht nur weil 2 Schauspieler 5 Rollen belegen müssen: Gabriele Bernstein ist Julia, die Amme und Lucrezia, während Dieter Hoffmann den Romeo und Pater Lorenzo spielt. Manuel Franz spielt den William Shakespeare, oder besser den Willi, der in sich die doppelte Rolle des Shakespeare und seines vermeintlichen Doppelgängers spielt und dann den Kontakt zum Publikum aufnimmt, besonders zum weiblichen.
Keine Verwechslungskomödie, sondern eine feucht-fröhliche Satire über das Theater des Lebens und das Leben im Theater: Budgetkürzungen, Minimalismus, Geldgier, Pädophilie, Träume und wahre Liebe. Kann man und will man das eine von dem anderen Treffen?
Wenn es nicht mal Shakespeare schafft, sich daran zu erinnern was er in welchem Stück geschrieben hat, wie soll man wissen was richtig und was falsch ist? Es geht nicht um das, sondern um den freien Willen, und dem Grundrecht des Menschen sich gegen etwaige „Versklavung“ zu wehren. So schaffen es die beiden Liebenden (die in der Zwischenzeit wieder den Weg zueinander gefunden haben), Shakespeare hinters Licht zu führen, stellen sich tot und leben weiter.
Dass die letzte Inszenierung des Stückes genau auf den 400. Geburtstag Shakespeare fiel, beweist einmal mehr, die Aktualität der sagenumworbenen Figur: seine Komödien und Tragödien bleiben wichtiger Bestandteil des menschlichen Kulturguts, auch weil sie, treu, das Theater des Lebens widerspiegeln.
Elisa Cutullè