Mit dem Erzschrägaufzug zum Piccadilly Circus: Zwei Wochen lang leuchtete die charakteristische Hochofengruppe der Völklinger Hütte alle 90 Sekunden lang auf dem Digital-Billboard im Zentrum der englischen Hauptstadt auf. Die Kampagne „Enjoy German Culture“ der Deutschen Zentrale für Tourismus erreichte 11,6 Millionen Menschen — ein echtes Highlight zum Jubiläum 150 JAHRE VÖLKLINGER HÜTTE! Und es geht weiter Schlag auf Schlag: 2024 feiert das ehemalige Eisenwerk 30 JAHRE UNESCO-WELTKULTURERBE.
Vor 150 Jahren, im Frühjahr 1873 gründete Hütteningenieur Julius Buch die “Völklinger Eisenhütte”. Dies hat das Weltkulturerbe am 12. Mai 2023 mit einem Festakt sowie Festwochenende gewürdigt. Hundertzwanzig Jahre nach den ersten Anfängen, nach zahlreichen Höhen und Tiefen, wurde die stillgelegte Roheisenproduktion der Völklinger Hütte im Dezember 1994 zum UNESCO-Weltkulturerbe erklärt – als erstes Industriedenkmal aus der Blütezeit der Industrialisierung überhaupt. 30 Jahre ist das her und deshalb hat der ehemalige Hüttenstandort und heutige Schauplatz von Industrie, Kultur, Geschichte, Kunst und Natur auch 2024 einen Grund zum Feiern. Das große Jubiläumsfest steigt am Sonntag, den 2. Juni: Die zentrale Veranstaltung des UNESCO-Welterbetages für Deutschland findet dann im Weltkulturerbe Völklinger Hütte statt. Gäste aus der ganzen Bundesrepublik werden an diesem Tag im Saarland den UNESCO-Welterbegedanken feiern.
„2023 war ganz besonders reich an Höhepunkten: Die fulminante Videokunst von Julian Rosefeldt und der planetarische Geschichtscomic von Jens Harder, das neue In-Situ-Format „1200 Grad“ mit der Weltpremiere von Heiner Goebbels „Orakelmaschine“ und die Großausstellung DER DEUTSCHE FILM setzten ganz eigene Akzente. Mit dem Sinterrundkühler konnten wir einen spektakulären neuen Entdeckerweg eröffnen, im Wasserhochbehälter BEWEGUNG MACHT GESCHICHTE erfahrbar machen und die neue erschlossene Hängewagenwerkstatt ist nun ein kongenialer Ort für Rémy Markowitschs multimediale Reise in die Geschichte Völklingens und der Hütte. Der Brooklyn Youth Chorus und das Trommelstakkato von EUPHORIA, die Klänge der Kohlenstampfmaschine und die vielen Stimmlagen des deutschen Films von Marlene Dietrich bis zum „Systemsprenger“ haben weit über das Saarland hinaus größten Anklang und Nachhall gefunden“, führt Generaldirektor Dr. Ralf Beil aus und ergänzt: „Darüber hinaus war 2023 ein ganz besonderes Jahr, da wir gleich zweimal die Ehre hatten, Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier in unserem Weltkulturerbe begrüßen zu dürfen.“
Das Weltkulturerbe Völklinger Hütte sowie seine Ausstellungen und Veranstaltungen begeisterten Medien wie Publikum gleichermaßen. Hervorzuheben ist der 3-sat-Museumscheck, der sich in einer
30-minütigen Sendung intensiv mit dem Kulturort Völklinger Hütte beschäftigte und ein grandioses Fazit zog. Der Rezensent des Deutschlandfunks bezeichnete anlässlich von Heiner Goebbels „Orakelmaschine“ die Aura des einstigen Eisenwerks als „einmalig“ in „der schieren Macht dieser Industriearchitektur“, während die Süddeutsche Zeitung im Zusammenhang mit der JULIAN ROSEFELDT-Ausstellung von einer „wahren Sensation“ sprach.
Die Wahrnehmung des Weltkulturerbes reicht weit über Deutschland hinaus: „Wanderlust“, eines der in Großbritannien führenden Reisemagazine, listete Deutschland als eine der 30 Top-Destinationen für 2023 mit dem Aufmacherbild der beleuchteten Völklinger Hütte, das niederländische „Het Financieele Dagblad“ veröffentlichte eine achtseitige Reportage zur Völklinger Hütte. Julian Rosefeldts Installationen in der Gebläsehalle wurden im „Stockholmer Svenska Dagbladet“ mit einer ganzseitigen Rezension gewürdigt und mit gleich vier Seiten im „World Report“ der japanischen Kunstzeitschrift „Bijutsu Techo“ vorgestellt.
Die Werkschau von JULIAN ROSEFELDT wurde nicht nur in zahlreichen Publikumskommentaren gelobt und zum Teil euphorisch gefeiert, sondern zog für eine Gegenwartskunst-Ausstellung mit 76.000 Besucher:innen auch überdurchschnittlich viele Menschen aus Nah und Fern an. „Es ist wunderbar, dass der Kurswechsel bei den Inhalten und Formen unserer Ausstellungen vom Publikum so angenommen wird. Mir ging es ganz bewusst darum, die Völklinger Hütte auf die Kunstlandkarte zu setzen und dies ist 2023 definitiv gelungen!“, so Generaldirektor Ralf Beil.
Die aktuelle Großausstellung DER DEUTSCHE FILM ist überaus vielversprechend gestartet und wird sicherlich gemeinsam mit der URBAN ART BIENNALE der Publikumsmagnet für 2024 sein.
Insgesamt lösten 2023 rund 108.000 Menschen eine Kombi-Eintrittskarte für das UNESCO-Weltkulturerbe Völklinger Hütte. “Mit erneut über 100.000 Ticket-Besucher:innen und zahlreichen nationalen und internationalen Rezensionen und Reisetipps für die Völklinger Hütte unterstreicht das Weltkulturerbe seine Bedeutung nicht nur als Industriedenkmal und exemplarischer Ort von Kunst, Kultur und Natur, sondern auch als einer der zentralen touristischen Anziehungspunkte des Saarlandes weit über die Saar-Lor-Lux-Region hinaus”, kommentiert Generaldirektor Ralf Beil. „Dreiviertel unserer Besucher:innen sind potentiell
Übernachtungsgäste des Saarlandes. So hat das Weltkulturerbe sicher seinen Teil zum Anstieg der Übernachtungszahlen im Saarland beigetragen.“ Denn 2023 kamen 50 Prozent der Besucher:innen des Weltkulturerbes aus dem Bundesgebiet jenseits des Saarlandes sowie 25 Prozent aus dem Ausland.
Gäste aus 60 Ländern reisten zur Völklinger Hütte, die meisten aus Frankreich, den Niederlanden, Luxemburg, Belgien und der Schweiz, aber auch aus den USA, Japan oder China.
Während DER DEUTSCHE FILM. 1895 bis heute in der Gebläsehalle mit rund 100 Großleinwänden, 30 Monitoren sowie 350 Objekten vom Drehbuch über Kameras und Kostüme zu Projektoren, Plakaten und Starpostkarten noch bis August 2024 zum Durchwandern einer einzigartigen Filmlandschaft einlädt, erzählt gleichzeitig die Comic-Ausstellung JENS HARDER. THE STORY OF PLANET A in der Erzhalle bis Ende April die Bild-Geschichte unseres Planeten vom Urknall bis zur fernen Zukunft. Ferner werden BEWEGUNG MACHT GESCHICHTE sowie RÉMY MARKOWITSCH. WE ALL (Except the Others) ganzjährig zu erleben sein.
Am 28. April 2024 startet dann zunächst die siebte Ausgabe der URBAN ART BIENNALE zur Kunst, die sich aus Graffiti und Street Art entwickelt hat – eine der weltweit größten Werkschauen zur Urban Art. Ralf Beil führt aus: „Die Urban Art Biennale positionieren wir sowohl räumlich wie auch inhaltlich neu: Neben der Brennerbühne im Obergeschoss der Sinteranlage, die wir als Ausstellungs- und Performanceort erschließen, legen wir 2024 einen besonderen Fokus auf partizipative Projekte – d.h. auf Arbeiten, die direkt mit Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen vor Ort in Völklingen in kreativem Austausch entstehen.“
MAN & MINING (1. Juni 2024 – 1. September 2024) in der Erzhalle nimmt den globalen Rohstoffabbau im Digitalzeitalter aus künstlerischer Sicht in den Blick, im Mittelpunkt stehen dabei die Folgen der Extraktion für Mensch und Natur. „Die vom Weltkulturerbe konzipierte Ausstellung „Man & Mining“, die derzeit an ihrer ersten Station im Museum der Arbeit Hamburg sehr erfolgreich ist, ist aufs Engste verbunden mit unserer Geschichte. Ohne den Abbau von Erz und Kohle hätte es weder ein Eisenwerk noch eine Eisenproduktion gegeben. Diese Geschichte schreiben wir fort mit Hilfe zahlreicher engagierter Künstler:innen, die sich dem höchst aktuellen Thema der Extraktion, des Rohstoffabbaus, in der Gegenwart widmen.“ (Ralf Beil)
Die Großausstellung THE TRUE SIZE OF AFRICA (9. November 2024 — 17. August 2025) in der Gebläse- und Verdichterhalle widmet sich schließlich dem Kunstkontinent Afrika jenseits von Vorurteilen und Stereotypen. Werke und Installationen von Künstler:innen aus Afrika treten in Dialog mit historischer Skulptur und Objektkunst. Ein „Museum der Denkwürdigkeiten“ thematisiert die koloniale Sicht Europas auf Afrika und eigens für die Schau geschaffene Raum- und Soundinstallationen von afrikanischen Gegenwartskünstler:innen machen die Dimension und Bedeutung dieses immer noch unterschätzten Kontinents erfahrbar. Denn, so Ralf Beil: „Mit der Ausstellung THE TRUE SIZE OF AFRICA nehmen wir einen Kontinent und damit zugleich unseren Planeten in den Blick. Die Afrika-Frage ist immer schon eine globale Frage: von der prähistorischen Wiege der Menschheit über die weltweit erzwungene Verbreitung von Afrikaner:innen im globalgeschichtlichen Sklavenhandel bis hin zu den Migrations-, Energie- und Klimafragen unserer Gegenwart und Zukunft.“
Foto: © Michelle Hergenhahn