Der Schulz – Freiheit, Fernweh und klare Worte

Foto von Daniel Schulz, Bildrecht. Alexander Hien

 

Daniel Schulz über seine Solokarriere, den Jakobsweg und warum unplugged manchmal lauter ist als E-Gitarren.

Mit seiner markanten Stimme, ehrlichen Texten und einem ausgeprägten Gespür für gesellschaftliche Themen hat Daniel Schulz, bekannt als Sänger der Band OOMPH!, längst auch mit seinem Soloprojekt „Der Schulz“ eine eigene, unverwechselbare Handschrift geprägt. Im November kehrt er mit einem besonderen Auftritt ins Saarland zurück:

„Here we go again!“ – Am 29.11.2025 spielt Der Schulz gemeinsam mit Projekt JU, Jens Usner Unplugged und Vocal & Chords ein Benefizkonzert für soziale Projekte des AWO-Ortsvereins Oberthal.
Veranstaltet wird das Ganze vom Freundeskreis Kultur Oberthal e.V. – im legendären Krug zum Grünen Kranze in Gronig.
Das Motto: Erscheint oder weint!

Wir haben mit Daniel über die Entstehung und Entwicklung seiner Solokarriere gesprochen, über die kreativen Unterschiede seiner Bands, seine spanischen Wurzeln, den Jakobsweg als Quelle der Inspiration – und darüber, wie er Musik als Haltung versteht.

Ein Gespräch über Freiheit, Verantwortung und den Mut, Dinge beim Namen zu nennen.

 

Solokarriere – Evolution & Unterschiede

Was war der auslösende Moment oder die Motivation, die Solokarriere „Der Schulz“ parallel zu deinen Bandprojekten zu starten?
Eigentlich war es umgekehrt – das Soloprojekt Der Schulz betreibe ich schon länger, als ich in meinen aktuellen Bands singe. Schon 2007 meinte Eric Fish, der Sänger von Subway to Sally, zu mir: „Mach doch einfach dein Soloprojekt, dann musst du nicht jedes Mal neu anfangen, wenn Musiker wegen Ende des Studiums o.ä. gehen.“ Ich hatte seit 1998 schon deutsche Songs, aber meine damaligen Bands wollten lieber bei englischen Texten bleiben. Also wurde Der Schulz meine musikalische Heimat für meine deutschen Texte.

Wie hat sich deine musikalische Handschrift in der Soloarbeit entwickelt?
Der Reiz war, mich endlich auf Deutsch ausdrücken zu können. Ich wollte, dass die Leute jede Nuance verstehen. So konnte ich direkter, persönlicher und politischer schreiben – und auch Dinge sagen, die in den Bands so nicht gepasst hätten.

Unterscheidet sich der kreative Prozess von dem in deinen Bands?
Ja, klar. In Bands schreibt man gemeinsam, diesen kreativen Austausch liebe ich sehr – gerade bei OOMPH! – CR4P und FLUX sind so extrem gute Songwriter, das ist wirklich ein Vergnügen und sehr inspirierend mit den beiden zusammenzuarbeiten. Solo kommt dagegen fast alles für die Songs ausschließlich von mir. Das macht mir auch großen Spaß, aber ist oft auch einsamer und vorhersehbarer für einen Teamplayer wie mich.

Ist „Der Schulz“ also eine Art Ventil für Ideen, die anderswo keinen Platz finden?
Genau. Manche Texte wären in den Bands zu persönlich oder zu politisch oder passen schlicht und ergreifend nicht zu dem Stil. Bei Der Schulz kann ich diese Gedanken klar und ungefiltert rauslassen.

In deiner Live-Umsetzung trittst du als „Der Schulz & das akustische Überfallkommando“ auf. Wie verändert das Unplugged-Format deine Songs?
Ursprünglich waren die meisten Schulz-Songs Rocknummern, mit E-Gitarre geschrieben, aber wir sind durch die Touren mit Eric Fish & Friends von Anfang an in die Unplugged-Szene gerutscht und haben uns da sehr wohl gefühlt.  Unplugged wirken die Songs direkter. Wir spielen seitdem fast ausschließlich akustisch – das geht von Wohnzimmerkonzerten bis Festivals. Diese Nähe zum Publikum ist magisch: Wenn du ohne Mikrofon vor 15 Leuten im Wohnzimmer singst, spürst du jede Emotion. Das ist pure Energie. Und man kann ja auch akustisch ordentlich Alarm machen. Der Schulz ist kein Liedermaching, das ist eher „Rocker vom Hocker“ bei uns 😉

 

Verhältnis zu Südeuropa – Spanien, Jakobsweg & Italien

Gibt es eine besondere Verbindung zu Spanien oder Italien, die sich in deiner Musik widerspiegelt?
Ja, ich bin Halbspanier, genauer Halbgalicier, Halbostpreuße – meine Mutter kommt aus Nordwestspanien, sprich Galicien. Ich habe dort viele Sommer verbracht, diese Mentalität und die Musik dort haben mich natürlich mitgeprägt. Ob keltische Einflüsse aus dem Norden oder Flamenco aus dem Süden – das fließt alles, oft unbewusst, in manchen meiner Songs ein.

Hat der Jakobsweg dich musikalisch beeinflusst?
Definitiv. Ich bin den Weg mehrmals gegangen, auch mit Gitarre. Da erlebt man Musik, als die universellste Sprache der Welt, wenn man abends oder bei Pausen am Wegesrand für und teilweise auch mit anderen Pilgern aus aller Welt und den Einheimischen Musik macht. Das erdet total. Musik ist da pure verbindende Energie, ob man den Text versteht oder nicht.

Und Italien?
Seit der Corona-Zeit reise ich oft nach Umbrien, wo gute Freunde ein Haus in der alten Festungsstadt Nocera Umbra haben. Da treffen sich abends ein paar Musiker spontan zum jammen am alten Stadttor und ich bin da jedes Mal mit dabei, wenn ich dort bin – diese südländische Lebensfreude hat mich sehr inspiriert. Ich liebe diese Spontaneität, die Freiheit, einfach Musik zu machen, ohne Plan.

Stellst du dir beim Schreiben manchmal südeuropäische Landschaften vor?
Manchmal ja, besonders die, in denen ich unterwegs war. Aber wichtiger ist das Gefühl dieser Freiheit – unterwegs zu sein, keine Routine, keine Grenzen. Diese Energie fließt direkt in meine Songs und oft schreibe ich auch, wenn ich unterwegs bin.

Welche Rolle spielt das Reisen allgemein für dich?
Nach intensiven Albumphasen brauche ich diesen Perspektivwechsel. Wenn man unterwegs ist, füllt sich der Kopf wieder mit neuen Eindrücken. Das ist wie Aufladen – und danach, oder schon dabei, sprudeln sie Ideen wieder.

 

Zukunft & Vision

Welchen Langzeitplan verfolgst du mit „Der Schulz“?
Einen konkreten Plan gibt’s nicht. Das Projekt begleitet mich seit fast 20 Jahren. OOMPH! hat natürlich Priorität, aber sobald Freiräume entstehen, nutze ich sie für Der Schulz. Ich habe genug Songideen – ein neues Album ist nur eine Frage der Zeit.

Gibt es Synergien zwischen deinen Projekten oder hältst du sie getrennt?
Beides. Unbewusst gibt es immer Überschneidungen, aber meistens wusste ich sofort, ob ein Song „Schulz“ oder Band ist. Die Art zu Texten und der Stil unterscheiden sich oft schon deutlich.

Nach welchen Kriterien entscheidest du, wohin eine Idee gehört?
Das passiert instinktiv. Wenn ich eine Songidee habe, schreibe ich meistens gleich dazu „Schulz“ oder Band. Nur selten wandert ein Songs oder Teile einer Songidee später doch noch in das andere Projekt.

Wenn du „Der Schulz“ in drei Schlagworten beschreiben müsstest – welche wären das?
Flexibel, direkt und sozial engagiert.
Wir sind akustisch, als Duo, Trio oder Quintett unterwegs und dadurch logistisch völlig unkompliziert – das schafft Spontanität und Nähe. Die Texte sind offen, klar und oft gesellschaftlich oder philosophisch motiviert. Mir geht’s um Menschlichkeit und oft um soziale Gerechtigkeit, wie in meinem Song „Die wahren Asis (seid ihr da oben)“ und nicht um Parteipolitik. Musik kann und muss aus meiner Sicht Haltung zeigen und kann viel bewegen. Deswegen ist unser Motto auch „Unterhaltung mit Haltung“.

Elisa Cutullè

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