Ein Leben mit Bratsche

 

photo:Marco Borggreve

Lech Antonio Uszynski wurde in Italien als Sohn einer polnischen Musikerfamilie geboren und ist in der Schweiz aufgewachsen. Seine Ausbildung im Fach Bratsche erhielt er von Rudolf Borissowitsch Barschai und Michel Rouilly.

Wir haben ihn nach dem CANDLE LIGHT KONZERT im Programm des IMUKO- International Musik Festival Koblenz 2020 getroffen.

 

 

 

Von polnischen Eltern in Italien geboren und in der Schweiz aufgewachsen. Wie international bist du und welche Identitäten hast du in dir?

Eine spannende Frage. Mein Heimat ist ganz klar die Schweiz. Dank des wunderbaren Ausbildungssystems in diesem Land hatte ich eine tolle Schulzeit und später ein prägendes Studium an der Zürcher Hochschule der Künste und der Musikakademie Basel. Mein Herz blüht jedoch immer wieder auf, wenn ich die Grenze nach Polen oder Italien überquere. Meine Eltern haben die polnischen Traditionen bei und zu Hause immer gepflegt und wir haben immer ausschließlich Polnisch gesprochen untereinander. Darüber bin ich sehr dankbar und kann auch sicherlich deswegen in 6 Sprachen sprechen.

Welche ist deine musikalische Identität?

Meine musikalische Identität war von früh auf sicherlich sehr geprägt von den alten großen Meistern. Ich habe praktisch nur Aufnahmen von Oistrakh, Szeryng, Rubinstein und vielen weiteren gehört. Über die Jahre hinweg waren dann aber besonders die zahlreichen Kammermusikalische Kontakte mit wundervollen Musikern eine der größten Bereicherung überhaupt. Es ist ein stetiger Prozess im Leben eines Künstlers und Musikers.

Welchem Künstler fühlst du dich nahe? Warum?

Einer meiner ganz großen Idole war immer David Oistrakh. Das Sinnbild eines großen Künstlers, welcher durch den Ausdruck seiner Musik sprach und nie auf Effekthascherei aus war. Meiner Meinung ist dies leider eine Qualität, welche in der heutigen Zeit immer seltener zu finden ist.

Hättest du nicht Bratsche gelernt, was wäre es dann gewesen?

Sicherlich etwas mit Musik oder wo die Kultur im Vordergrund steht. Ich dachte da früher ab und zu mal an eine diplomatische Tätigkeit oder Intendanz. Etwas wo die Kommunikation wichtig ist und ich meine Stärke der Sprachkenntnisse gut einbringen könnte.

Warum wurde es die Bratsche?

Seit meiner Kindheit war ich Zuhause umgeben von dem Bratschenklang, als mein Vater geübt hat oder gemeinsam mit meiner Mutter (Pianistin) gespielt hat. Ich habe immer den warmen und sonoren Klang der Bratsche geliebt. Für mich ist auch die Stimmlage der menschlichen am nächsten.

Welche Bratschen besitzt du?

Ich habe das große Glück eine wunderbare Bratsche aus dem Jahr 1690 zu spielen. Es ist ein Instrument des berühmten Flämischen Geigenbauers Hendrick Willems welches vorher in der Instrumentensammlung  des Concertgeboeuw Amsterdam war.

Was ist das Besondere daran, auf einer Stradivari zu spielen?

Von 2010 bis 2017 habe ich dank einer Schweizer Stiftung die Ehre gehabt eine Stradivari zu spielen. Dieses Instrument war sicherlich auch ausschlaggebend für die Formung meiner Klangästhetik. Es hatte ein besondere Klangfarbe welche sehr inspirierend war und besonders in der Kammermusik sich wunderbar gespielt hat. Viele Instrumente großer Geigenbauer haben eine Qualität der Grenzenlosigkeit in der Klangfarbe. Genau dies ist auch, was einen dazu anspornt immer neue Facetten zu entdecken.

Welche Unterschiede gibt es für dich, als Kammermusiker oder Solist zu spielen?

Meiner Meinung nach ist die Kammermusik ist in allen Bereichen die wichtigste Grundlage. Sie lehrt Kommunikation und Zuhören. Das sind Qualitäten von welchen man sehr viel profitieren kann wenn man Solistisch auftritt. Abgesehen von technischen Aspekten (z.B. Klangproduktion) versuche ich auch als Solist mit einem Kammermusikalischen Gedanken and die Werke heranzugehen. Es ist wahnsinnig interessant wenn man sich wirklich bewusst wird was in der Partitur alls passiert. Die Interpretation erreicht dadurch neue Dimensionen.

Wie hast du das Programm vom IMUKO Konzert in Koblenz empfunden?

Es ist einfach toll was Benedict Klöckner auf die Beine stellt. Besonders in diesen speziellen Zeiten ist ein solches vielfältiges und abwechslungsreiches Programm eine wahre Bereicherung für die Region.

Welche Pläne/Projekte hast du für 2021?

Neben meiner kammermusikalischen Tätigkeit arbeite ich vermehrt an verschieden Soloprgrammen und Einstudierungen spannender Violakonzerte wie Vasks, Tabakova und Bacewicz. Des weiteren ist eines meiner ganz grossen Ziele meine Lehrtätigkeit auszubauen und eine Professur anzustreben. Das Unterrichten ist für mich neben den Auftritten  eine der erfüllendsten Aufgaben überhaupt.

 

 

Elisa Cutullè

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