Pablo Barragán: Am Anfang war die Klarinette

 

Photo: Mario Marzo

 

Der andalusische Klarinettist hat gerade neben seiner internationalen Konzerttätigkeit seine Arbeit als Professor für Klarinette an der Barenboim Said Akademie in Sevilla aufgenommen.  In seinen Konzerten schafft er es meisterhaft bereits mit der ersten Note diese besondere Verbindung zu seinem Publikum herzustellen. „An diesem Abend war es Pablo Barragán, der in seinen Bann schlug. Neben seiner in allen Belangen perfekten Spielweise, war es gerade seine beseelte Tongebung, die in Atem hielt.“ (Westdeutsche Zeitung) So konnte man ihn gerade live in der Berliner Staatsoper beim „Perpetual Music“ Konzert von Rolex in Zusammenarbeit mit Medici TV erleben. Er ist sehr aktiv auf social media (Facebook und Instagram) und hat neben zahlreichen distant concerts mit renommierten Musiker-Kollegen im ersten Lockdown auch Hofkonzerte in seiner Berliner Nachbarschaft gespielt, um Hoffnung zu geben und durch seine Musik Freude zu schenken.

 

Am Anfang war die Klarinette weil…

Liebe auf den ersten Blick. Mein Idol war Benny Goodman und ich wollte “Sing, Sing, Sing” spielen. Und ich habe es geschafft, nach Copland Klarinettenkonzert als Zugabe. Was für eine Musik!

 

Solist, Kammermusiker, Dirigent und Professor. Inwiefern unterscheiden sich die Rollen untereinander und wie werden sie vereint.

Ich bin kein Dirigent, zumindest ist es kein Abenteuer, in das ich mich schon vertieft habe. Als Solist spiele ich manchmal ohne Dirigenten, aber für mich ist das immer noch Kammermusik in einem etwas größeren Format. Nun, eigentlich ist alles Kammermusik, finde ich, und all diese Rollen sind sehr nah beieinander. Innerhalb dieser Rollen versucht man, das Beste von sich selbst zu geben, und dies ist normalerweise wechselseitig. Symbiose finde ich das Ideal. Eine ansteckende Energie, eine Inspiration, die übertragen und vervielfacht wird. Musik kann wirklich eine unaufhaltsame Kraft sein. Als Professor habe ich natürlich viel weniger Erfahrung, aber ich denke, es ist ein heikler und sehr wichtiger Prozess. Auch Symbiose. Man muss einen guten Weg zum Übertragen finden, aber vielleicht noch wichtiger, ist es wohl, einander gut zuzuhören. Dann kann man besser verstehen, wo man ansetzen muss, um jemandem zu helfen und zu unterstützen.

 

Wie war die Erfahrung mit dem West-Eastern Divan Orchestra? Welche besondere Erinnerung ist damit verbunden?

Es war ohne Zweifel ein Vorher und Nachher in meiner Wahrnehmung von Musik, der Welt, des Lebens. Ich habe so viele Dinge gelernt, musikalisch und persönlich. Ich habe gelernt, hart zu arbeiten, das Verantwortungsbewusstsein in einer sehr anspruchsvollen Gruppe. Ich habe gelernt, in schwierigen Zeiten innere Stärke zu finden und gemeinsam Freuden zu feiern. Ich habe gelernt, besser zuzuhören, an mich selbst zu glauben und meinen Kollegen blind zu vertrauen. Die Zusammenarbeit mit Maestro Daniel Barenboim ist eine phänomenale, ständige Inspiration, und ich kann niemals dankbar genug sein, seit so vielen Jahren Teil dieser Familie zu sein. Es wäre schön, mal zurückzugehen.

 

Was heißt es ein Backun Clarinet Artist zu sein?

Backun Musical ist für mich das beste Klarinettenproduktionshaus der Welt. Ihr Künstler zu sein bedeutet für mich, mit den besten Klarinettenbauern und -entwicklern zusammenzuarbeiten. Morrie ist ein Visionär und ein Künstler, der sich selbst sehr fordert und eine immense Leidenschaft für seine Arbeit hat. Von unserem ersten Treffen mit Morrie und Joel an fühlte ich Vertrauen und Überzeugung in ihre Vision. Sie unterstützen mich in meiner Karriere und ich genieße es, die besten Instrumente zu spielen, die ich mir vorstellen kann. Die Zusammenarbeit mit Backun ist eine Symbiose. Als Klarinettenspieler lerne und verbessere ich mich sehr und es ist mir eine Ehre, die Marke in Europa zu vertreten.

 

2016 hatten Sie „NothinTwoSay“, ein Projekt mit Laurence Guillod und Leandro Suarez. Welche Herausforderung verbarg sich in diesem Projekt?

Es war ein aufregendes Projekt, sehr anspruchsvoll, weil es ein riesiger Bühnenraum mit Projektionen, vielen neuen Kompositionen und einem ganzen Konzept hinter der Musik war …

Text von John Cage:

„Ich habe nichts zu sagen

und ich sage es

und das ist Poesie

wie ich es brauche. ”

Daher das Wortspiel “Nothing Two Say”. Ein ziemliches Thema für unsere aktuelle Situation, oder? Was hat Kultur gerade zu sagen? Wer sind wir und was machen wir mit dem, was von dieser Welt übrig ist? Die Idee dieses Projekts war es, den Geist zu öffnen und zum Nachdenken und zum internen Dialog einzuladen.

“Nothing Two Say” war ein wunderbares Abenteuer. Laurence Guillod ist ein hervorragender, einfühlsamer und kreativer Künstler mit exquisiter Musikalität und Geschmack. Leandro Suarez ist auch ein großartiger Freund und Schöpfer, der in der Lage ist, sich alles vorzustellen und zu antizipieren und uns Inspiration zu geben, damit alles organisch ist, fast ohne es zu merken … es war ein magisches und ganz besonderes Projekt, und wir hatten sehr schöne Momente zusammen.

 

Was wünschen Sie sich für die Post-COVID-19- Zeit?

Natürlich möchte ich, dass Menschen, die persönlich und / oder beruflich sehr schwer unter dieser Situation leiden, weiterkommen. Das ist die Priorität dieser schweren Krise.

Aber tief in mir erlaube ich mir zu wünschen, dass wir unseren Geist öffnen, um zu reflektieren und unsere Augen öffnen, um den wahren Wert des Lebens zu erkennen. Wir sind zerbrechlich und Großzügigkeit, Solidarität und Liebe fallen gerade durch ihre Abwesenheit in dieser Welt der Zur-Schau-Stellung auf. Ich denke, diese Situation hat einige unserer größten Defizite als Gesellschaft hervorgehoben. Das sollten wir ernst nehmen. Ich denke, wir sollten danach streben, viel mehr als nur soziale Medien und durch Materielles definiert zu sein. Ohne Zweifel wird die Rolle der Kultur wesentlich sein, wenn wir wirklich eine Gesellschaft der Ideen und Werte sein wollen. Ich hoffe, dass die Regierungen die Kraft von Kultur, Bildung und Humanismus erkennen und schätzen, um mit einem anderen Wind weiterzumachen.

Elisa Cutullè

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