Premiere in Waiblingen: Taku Hayasaka singt erstmals gestrichene Arie mit Orchester und spricht über seine Karriere als lyrischer Bariton

Premiere in Waiblingen: Taku Hayasaka - Foto von P. Oppenlaender

6. Internationale Opernwerkstatt Waiblingen

 

Im Rahmen der Opernwerkstatt Waiblingen hatten wir die Gelegenheit, uns mit dem talentierten Bariton Taku Hayasaka zu unterhalten. Der aus Japan stammende Sänger, der sein Studium in Deutschland und Österreich fortsetzte , bewegt sich in der seltenen und anspruchsvollen Stimmlage des “lyrischen Baritons”.

In unserem Gespräch gewährt Hayasaka spannende Einblicke in die Besonderheiten seines Fachs und die Herausforderungen, eine Solistenkarriere zu beginnen. Er spricht über die intensive Leidenschaft und Liebe, die er in der italienischen Oper findet, und den kulturellen Unterschied zur japanischen Tradition. Er beleuchtet zudem seine Arbeit an ikonischen Rollen von Mozart wie Don Giovanni, Papageno und Guglielmo.

Besonders hervorhebenswert ist seine positive Erfahrung bei der Waiblinger Werkstatt: Er betont, wie wichtig es für junge Sänger ist, Kontakte zu knüpfen und durch solche Formate praktische Orchestererfahrung zu sammeln.

Taku Hayasaka, der aktuell an der Wiener Staatsoper in der Chor Akademie arbeitet , teilt zudem seine Ratschläge für den Opernnachwuchs und seinen Traum, seine Solokarriere aufzubauen, um sein Wissen eines Tages in Japan weiterzugeben.

Lesen Sie das vollständige Interview.

 

 

Herr Hayasaka, Ihre Stimme bewegt sich mühelos zwischen den tiefen Registern eines Basses und den dynamischen Nuancen eines Baritons. Wie würden Sie diese seltene Stimmlage selbst beschreiben und welche besonderen Herausforderungen bringt sie mit sich?

A: Meine Stimme ist ein sehr lyrischer Bariton. Am Anfang habe ich im Chor als Tenor gesungen. Das hat sich damals sehr unangenehm angefühlt. Als ich Gesangsstunden bekam, sagte mir mein Gesangslehrer, ich sei wahrscheinlich Bariton. Ich begann dann mit dem Bariton-Repertoire, was mir sehr gut gefiel. Da ich jedoch als Tenor begonnen hatte, sind meine hohen Töne geblieben. Die Herausforderung für den lyrischen Bariton ist, dass es etwas schwieriger ist, eine Solistenkarriere zu beginnen. Ich denke, ein lyrischer Bariton sollte am Anfang viele Rollen von Rossini oder Mozart singen. Später kommt dann zum Beispiel Verdi, aber nicht gleich Rollen wie Macbeth oder Rigoletto.

 

Viele große Bass-Bariton-Rollen stammen aus der italienischen Oper. Welche Rolle oder welches italienische Werk hat Ihre Leidenschaft für die Oper entfacht?

Viele Rollen im Bereich Bariton, Bass, aber auch Tenor, stammen aus der italienischen Oper. Die italienische Oper ist sehr reich an Rollen. Zum Beispiel passt Rossini gut zu meiner Stimme, weil er sehr lyrisch ist.

 

Die italienische Oper gilt als die Wiege des Belcanto. Welche Rolle spielen Komponisten wie Verdi oder Puccini in Ihrem Repertoire, und was fasziniert Sie am Gesang auf Italienisch?

Was Verdi betrifft, so kommen für mich Verdi-Rollen später in Frage, aber nicht so anspruchsvolle wie Macbeth oder Rigoletto. Bei Puccini ist es ähnlich; die Rolle des Sharpless ist eine ist, an der ich in Zukunft arbeiten möchte. Die Rolle des Yamadori ist zwar ursprünglich für Tenor geschrieben, wird aber manchmal auch von lyrischen Baritonen gesungen, daher denke ich, dass ich sie auch jetzt singen könnte. Zum Singen auf Italienisch: Ich fühle mich ganz anders, weil die japanische und die italienische Kultur sehr unterschiedlich sind. In Japan ist es zum Beispiel üblich, Geheimnisse zu bewahren. Die italienische Oper hingegen zeigt sehr viel Leidenschaft und Liebe. Ich finde es toll, diese Charaktere auf der Bühne auszuprobieren und zu zeigen, obwohl ich diese Charaktere privat nicht verkörpere. Das macht mir auch Spaß.

 

Sie haben in Japan studiert und Ihre Karriere in Deutschland fortgesetzt. Wie unterscheiden sich die musikalischen Kulturen und Gesangstraditionen dieser Länder von der berühmten italienischen Operntradition?

Mein Bachelorstudium habe ich in einer sehr südlichen japanischen Stadt bei einem deutschen Professor abgeschlossen. Bei ihm habe ich mich auf das deutsche Repertoire konzentriert. Ich habe mich entschieden, in Österreich oder Deutschland zu studieren, da ich bereits viel deutsches Repertoire hatte. Bevor die Coronapandemie begann, hat mein Professor vier Studenten nach Deutschland und Österreich gebracht, wo wir in Berlin, München, Düsseldorf und Salzburg vorgesungen haben. Wegen Covid musste ich leider zwei Jahre warten. Ich habe mein Masterstudium in Österreich abgeschlossen.

 

Sie haben bereits ikonische Figuren wie Don Giovanni, Papageno und Guglielmo verkörpert. Was bedeutet es für Sie, solch wichtige Rollen der Oper zu singen, und wie interpretieren Sie sie im Kontext der heutigen Zeit?

Ich habe bereits Don Giovanni, Papageno und Guglielmo gesungen. Papageno ist eine sehr interessante Rolle, da sie zwischen dem Spaßigen und dem Ernsten pendelt. Bei der Uraufführung wurde Papageno von einem Schauspieler gespielt. Deshalb ist die Stimmlage eigentlich nicht so schwer – nicht zu tief und nicht zu hoch. Man muss aber viel Deutsch sprechen, viele komische Sachen machen und schnell sein. Es ist sehr lustig, und ich liebe Papageno auch.

 

Die Opernwerkstatt Waiblingen ist bekannt für ihre intensive Arbeit und die Förderung junger Talente. Wie hat diese Erfahrung Ihre musikalische Entwicklung geprägt und welche Rolle spielen solche “Werkstätten” in der heutigen Opernlandschaft?

Ich finde es sehr schön, weltweit Sängerinnen und Sänger zusammenarbeiten zu sehen. Das Besondere an der Opernwerkstatt Waiblingen ist, dass man beim Abschlusskonzert mit Orchester singen kann, was nicht üblich ist. Ich glaube, junge Sängerinnen und Sänger sollten solche Erfahrungen sammeln. Es ist sehr wichtig, nicht nur an der Uni, sondern auch durch Meisterkurse, Wettbewerbe und Vorsingen Kontakte zu knüpfen und zu lernen.

Proben Opernwerkstatt Waiblingen - Foto von P. Oppenlaender

6. Internationale Opernwerkstatt Waiblingen

Was war Ihre denkwürdigste Erfahrung oder Ihr persönliches Highlight während Ihrer Zeit bei der Opernwerkstatt Waiblingen?

Mein persönliches Highlight ist, dass ich beim Abschlusskonzert die Arie ‘Rivolgete a lui lo sguardo’ aus Così fan tutte singen durfte. Diese Arie wird normalerweise gestrichen. Ich habe Guglielmo schon auf der Bühne gesungen, konnte diese Arie aber nicht singen. Beim Abschlusskonzert habe ich diese Arie zum ersten Mal mit Orchester gesungen. Das war für mich wirklich eine Premiere! Ich war sehr aufgeregt.

 

Wie bereiten Sie sich auf eine neue Rolle vor? Geht es dabei nur um die Musik oder spielen auch die emotionale Tiefe und die Hintergrundgeschichte der Figur eine große Rolle?

Das ist eine sehr interessante Frage. Zuerst höre ich viele Aufnahmen. Von den Aufnahmen kann ich viel Musikalität lernen. Aber die Emotion ist natürlich anders. Deshalb lese ich zum Beispiel Bücher; als ich Don Giovanni spielte, habe ich Don Juan gelesen. Oder ich schaue einen Film an, um mir vorzustellen, wie meine Rolle denkt und spricht. Diese Idee bringe ich dann auf die Bühne. Der Regisseur oder die Regisseurin gibt mir Feedback, und gemeinsam können wir meine Rolle aufbauen.

 

Die Oper wird oft als elitär wahrgenommen. Was kann das Theater tun, um ein jüngeres oder breiteres Publikum anzusprechen, und welche Rolle spielen dabei moderne Inszenierungen?

Ich glaube, in Japan ist die Situation schwieriger als in Europa, weil die westliche Musik aus Europa stammt. In Japan gibt es nur ein Opernhaus ohne Festensemblestellen, nur Chor und Opernstudio. Für die Produktionen werden Ausländer oder berühmte japanische Sängerinnen und Sänger eingeladen. Das bedeutet, es ist fast unmöglich, in Japan als Solist eine Feststelle zu bekommen. Wenn ich in Japan arbeiten möchte, müsste ich nicht nur singen, sondern auch unterrichten.

 

Haben Sie eine persönliche Verbindung zu Italien, vielleicht durch Reisen oder die Kultur, die Ihre Interpretation der italienischen Opern beeinflusst?

Die italienische Oper zeigt sehr viel Leidenschaft und Liebe. Ich finde es sehr interessant, dass ich das auf der Bühne ausprobieren und zeigen kann, obwohl ich solche Charaktere privat nicht verkörpere.

 

Welche Ratschläge würden Sie jungen Sängern geben, die davon träumen, eine professionelle Karriere auf der Opernbühne zu starten, insbesondere im Bereich des italienischen Repertoires?

Man muss natürlich viel einstudieren. Verschiedene Genres sind wichtig, wie Lieder, Opern und Kirchenmusik. Man muss einfach dranbleiben. Normalerweise bekommt man schlechtes Feedback oder keine Einladung, aber das macht nichts, denn manchmal kommt etwas Gutes. Wenn man nicht aufgibt, kommt irgendwann sicher eine gute Chance, und darauf muss man vorbereitet sein. Ich finde wirklich, wenn man Gesang als Beruf machen möchte, muss man in Europa studieren.

 

Wie gehen Sie mit den körperlichen und mentalen Anforderungen einer langen Opernproduktion um? Gibt es Rituale oder Techniken, die Ihnen helfen, in Form zu bleiben?

Nein, ich habe kein festes Ritual. Manchmal lebe ich für den Moment.

 

Was war die größte Herausforderung in Ihrer bisherigen Karriere und wie haben Sie sie gemeistert?

Es war für mich sehr schwierig, ins Ausland zu gehen. Das war ein sehr großer Schritt. Ich lebe seit drei Jahren in Österreich. Ich kam 2022, gerade noch während der Endphase von Covid. Ich kannte damals niemanden in Österreich, musste Deutsch lernen, vorsingen und Aufnahmeprüfungen machen. Das war wirklich viel Stress, aber glücklicherweise hatte ich großes Glück.

 

Gibt es einen Unterschied in Ihrer Herangehensweise, wenn Sie vor einem deutschen, japanischen oder einem internationalen Publikum auftreten?

Ich glaube, das japanische Publikum ist sehr brav und ruhig. Das europäische Publikum hingegen ist sehr aktiv. Die Reaktionen kommen sofort und sind sehr direkt. Aber ich finde das sehr schön.

 

Wie sehen Ihre nächsten Projekte aus und gibt es etwas, worauf Sie sich in der kommenden Spielzeit besonders freuen?

Ich arbeite jetzt an der Wiener Staatsoper in der Chor Akademie. Ab Oktober studiere ich an der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien. Ich möchte mich gerne für ein Opernstudium bewerben. Wenn ich das schaffe, möchte ich meine Solokarriere aufbauen. Wenn ich eines Tages nach Japan zurückkehre, möchte ich an einer Universität arbeiten. Dann kann ich meine Denkweise und meine Gesangstechnik an die nächste Generation weitergeben.

 

Elisa Cutullè

 

Foto: P. Oppenländer

Comments are closed.