Der Dirigent Roland Kluttig widmet sich in der Saison 2014/15 einem vergessenen Schatz der Operngeschichte: Carl Maria von Webers “Euryanthe” ist auf den Spielplänen der Opernhäuser kaum zu finden. Der Generalmusikdirektor des Landestheaters Coburg wagt sich aber mit dem Frankfurter Opern- und Museumsorchester an diese mystische, aufregende und vieldiskutierte Oper, die in Webers eigenem Schaffen einen Höhepunkt bildet. Als Vorgänger von Richard Wagners “Lohengrin” wird “Euryanthe” gehandelt und beinhaltet gleichzeitig Elemente, „um die ihn [Weber] Gluck und Mozart beneiden müssten“, so der Dichter Ludwig Tieck. Premiere ist am 05. April 2015 um 18:00 h in der Oper Frankfurt. Neben seinen regulären Konzerten und Opernaufführungen am Landestheater Coburg dirigiert Roland Kluttig in der Saison 2014/15 u.a. eine „Così fan tutte“ – Inszenierung in Nizza (Premiere: 15.02.2015, 15.00 Uhr, Opéra de Nice).
Wir haben ihn getroffen.
Sie wurden in einer sehr musikalischen Familie geboren. Wie hat dies Ihre Liebe zur Musik beinflusst?
Ich bin quasi im Theater aufgewachsen, sehr frühe Opern- und Konzertbesuche haben mich geprägt, ich kann mich noch heute an Bilder der ersten Opern , die ich gesehen habe sehr gut erinnern. Die meisten Opern habe ich dann zu Hause unter Ausschluß der Öffentlichkeit zu Hause “nachgespielt”. Mich hat auch als Kind schon der theatralische Aspekt an Oper sehr fasziniert.
Berlin- Stuttgart- Coburg, drei wichtige Etappen in Ihrere Karrieren. Können Sie uns dazu mehr sagen?
Berlin war lange Jahre mein Lebensmittelpunkt. Gemeinsam mit dem Kammerensemble Neue Musik habe ich Konzertreihen und Musiktheaterprojekte für das Konzerthaus Berlin und das Radialsystem V entwickelt. Wir haben dabei mit den Konzertformen experimentiert und viele Werke zur Uraufführung gebracht. Die Stuttgarter Oper bot mir dann die Möglichkeit, Opernerfahrungen zu machen. Ich habe dort viele Repertoirevorstellungen von “Hoffmanns Erzählungen” “Don Giovanni” und “Don Carlo” geleitet und konnte wiederum meine Erfahrungen mit Neuer Musik bei der Leitung von Musiktheaterwerken von Helmut Lachenmann oder Luigi Nono einbringen. Bei Schönbergs “Moses und Aron” durfte ich schließlich die erste Liveeinspielung des Werkes auf CD dirigieren. In Coburg genieße ich es “Generalmusikdirektor” zu sein. Das bedeutet für mich, gemeinsam mit dem Intendanten den Spielplan zu entwickeln und ein Repertoire von Händel und Gluck bis zu Wagner, Janacek, Debussy oder Sciarrino zu dirigieren. Keine Spezialisierung, aber allen Stilen und Werken so authentisch wie möglich gerecht zu werden. Ich verdanke diesem kleinen Theater, seinem Orchester und seinem wunderbaren Publikum unendlich viel.
In Colorado waren Sie Principal Conductor des Crested Butte Music Festival. Wie haben die das amerikanische Publikum empfunden?
Das war ein Sommerfestival mit Sommergästen aus allen Regionen der USA, der Enthusiasmus des Publikums und das Engagement der Einwohner für Ihr Festival waren bewundernswert.
Sie haben gerade eine Inszenierung vom Così Fan tutte in der Oper Nice dirigiert. Was war an dieser Inszenierung besonders?
“Cosi fan tutte” ist ein Meisterwerk, ungeheuer einfach und schwierig zugleich. Das 19. Jahrhundert konnte dieses Werk nicht verstehen, aber es werden schon in der strukturellen Anlage Formen des modernen Theaters, z.B. Becketts, quasi vorweg genommen. Da es eine Übernahme einer Produktion des Theaters Magdeburg war, bestand die Herausforderung auch darin, sich musikalisch in eine schon bestehende Produktion einzufügen. Die Inszenierung von Karen Stone besticht durch ihre große Genauigkeit, insbesondere in den Rezitativen.
Am 5. April werden Sie in Frankfurt Carl Maria von Webers “Euryanthe. Wie kam es zu diesem Stück das nicht oft in Opernhäusern zu sehen ist?
Die Frankfurter Oper hatte mich für diese Produktion vor einem Jahr angefragt. Es ist eine sehr spannende Herausforderung, weil es eine große romantische Oper ist, die, die trotz ihrer faszinierenden Musik und Ihrer Bedeutung für die Musikgeschichte (u.a. für Wagner und Berlioz) sehr selten zur Aufführung kommt. Wenn sie gespielt wird, werden häufig sehr starke Kürzungen vorgenommen. Bei der Frankfurter Produktion wird das Werk nahezu ungekürzt erklingen. Die Frankfurter Oper hat in den letzten Jahren eine Vielzahl von vergessenen oder selten gespielten Meisterwerken mit großem Erfolg herausgebracht.
An welchen Projekten arbeiten Sie zur Zeit?
Im Moment dirigiere ich Vorstellungen von “Cosi fan tutte” in Nizza und “Salome” an meinem Haus in Coburg. In der nächsten Woche beginnen dann die Proben für “Euryanthe” in Frankfurt. In diese Zeit fällt auch, stilistisch sehr passend, ein Konzert mit Werken von Robert Schumann. Zum Ende der Saison freue ich mich auf meine erste “La Boheme” in Coburg in der Regie von Brigitte Faßbaender.
Elisa Cutullè