Unterstützt vom Deutschen Zentrum Kulturgutverluste, erforscht das Saarlandmuseum in Saarbrücken nunmehr seit 2015 systematisch die Provenienzen des Gemäldebestandes der Modernen Galerie. Als Ergebnis dieser Forschungen konnte jetzt ein Bild von Max Slevogt an die Erben seiner früheren rechtmäßigen Eigentümer zurückgegeben und so eine faire und gerechte Lösung und damit ein Ausgleich für ein im Nationalsozialismus begangenes Unrecht gefunden werden.
Max Slevogts Gemälde „Ananas“ aus dem Jahr 1902 gelangte 1982 mit der Sammlung Kohl-Weigand in die Moderne Galerie des Saarlandmuseums. Ursprünglich gehörte es dem jüdischen Ehepaar Fritz und Alice Hermann, das in Berlin-Dahlem lebte. Fritz Hermann war ein erfolgreicher Verleger, der unter anderem die vom liberalen Politiker Theodor Barth herausgegebene Zeitschrift „Die Nation: Wochenschrift für Politik, Volkswirtschaft und Literatur“ und die links-liberale Tageszeitung „Berliner Börsen-Courier“ verlegte.
Im Jahr 1936 wurde das Ehepaar Hermann unter dem Verfolgungsdruck der Nationalsozialisten gezwungen, gemeinsam mit seinen Söhnen Ernst und Günter Deutschland zu verlassen. Um ihre Emigration zu finanzieren und die Reichsfluchtsteuer bezahlen zu können, musste die Familie Hermann Kunstwerke aus ihrer Sammlung am 20. und 21. Oktober 1936 durch das Auktionshaus Graupe versteigern lassen. Im Rahmen dieser Auktion wurden auch weitere Kunstwerke der Sammlung verkauft, deren Verbleib bis heute nicht geklärt ist. Zu den Werken, die im Lost Art-Register eingetragen sind, gehören unter anderem die Zeichnungen „Tiroler Bauerngarten“ von Adolf von Menzel sowie „Mädchenkopf“ von Wilhelm Leibl.
Nachdem die Stiftung Saarländischer Kulturbesitz im Zuge ihrer Forschungen die belastete Geschichte des Gemäldes aufgedeckt hatte, ging sie aktiv auf die Erben der heute in den USA lebenden Familie Herman, den Ernest G. Herman Living Trust und den Herman Family Trust zu, um gemeinsam mit ihnen eine faire und gerechte Lösung zu erarbeiten. Dabei orientierte sie sich an den international anerkannten Maßgaben der Washingtoner Erklärung von 1998.
Slevogts Gemälde wurde an die Erbengemeinschaft Herman restituiert. Es wird aber als Dauerleihgabe noch bis August 2023 weiterhin in der Modernen Galerie zu sehen sein. Dort ist es Teil der permanenten Präsentation „Bilder / Schicksale“, in der die Ergebnisse der Provenienzforschung am Saarlandmuseum transparent gemacht werden. Gerade diesen Teil der neuen, mit der Wiedereröffnung des Museums 2017 eingerichteten Dauerausstellung hob Kulturstaatsministerin Monika Grütters als vorbildlich hervor, würden Museen doch nicht zuletzt daran gemessen, wie sie ihre Geschichte und die Geschichte ihrer Sammlung aufarbeiteten.